
Man stelle sich vor, man möchte eine Münze im Internet kaufen. Oder man möchte ermitteln, ob der Preis, den Händler XY aufruft, marktgerecht und fair ist. Vielleicht möchte man ja auch eine Münzsammlung verkaufen und exemplarisch einzelne Preise im Netz ermitteln. Das kann leider komplett schiefgehen.
Ich möchte dies einmal an der 6. Gedenkmünze der Bundesrepublik verdeutlichen (5 DM Leibniz von 1966). Dies ist wirklich nur ein Beispiel, man kann im Bereich Briefmarken oder bei anderen Münzen sehr ähnlich Erfahrungen machen.
Zunächst einmal eine Werteinschätzug meinerseits: Die Münze hatte eine Auflage von 1.925.000 Exemplaren, und ich schätze, dass davon noch ca. 1 Millionen existieren. Dies ist aber wirklich nur eine Schätzung. Selbst wenn nur noch 200.000 Exemplare existieren ist dies eine Zahl, die absolut keinen Sammlerwert rechtfertigt, denn die Zahl der Sammler, aktiv die DM-Gedenkmünzen sammeln, dürfte deutlich darunter liegen.
Der Wert richtet sich folglich nach dem Kurs- oder Edelmetallwert, je nachdem, weelcher höher liegt.
Wäre die Münze in Kupfer-Nickel geprägt, so läge der Wert bei exakt 2,56 Euro (Umtauschkurs DM/Euro) Man bekäme somit vom Händler ca. 2 Euro (denn dieser muss etwas verdienen) und würde ca. 4 Euro dafür im Handel bezahlen (reich wird der Händler hier auch nicht: Entweder, er tauscht sie bei der Bundesbank um und verdient 0,56 Euro oder er wartet möglicherweise sehr lange auf einen Kunden und verdient dann 2 Euro).
Die Münze ist aber nicht aus Kupfer-Nickel, sondern aus 625er Silber. Sie wiegt 11,2 Gramm und darin sind somit 7 Gramm Silber enthalten. 7 Gramm Silber haben heute einen Spotpreis (der tagesaktuelle Silberpreis an der Börse) von rund 6 Euro. Wir ermitteln nach dem Vorbild von oben wieder einen realistischen Ankaufspreis in Höhe von 4 bis 5 Euro und einen Verkaufspreis von ca. 7 bis 8 Euro.
Der Wert dieser Münze ist also sehr transparent und daher für unser Fallbeispiel geradezu ideal. Die Rechengrundlage hat ein potentieller Verkäufer allerdings kaum, er wird somit möglicherweise im Netz recherchieren. Und dies wird nun interessant.
- Bei Ebay wird mir das erste Angebot mit 60 Euro angezeigt
- Die teuerste Münze im Ebay Sortiment liegt bei 69 Euro
- Das günstigste Ebay Angebot bei 7,20 Euro, wobei man hier noch einen günstigeren Preis vorschlagen kann
- Auf der Münzhändler-Plattform MA-Shops liegt das teuerste Stück bei 68,50 Euro
- Beim Versandhändler MDM kostet das Stück 19,99 Euro
Alle Preise gelten für die Erhaltung stempelglanz
Ein Erbe, der den Wert seiner Sammlung ermitteln will und der den Preis von 60 Euro im Netz findet, wird die Münze möglicherweise mit 30 Euro ansetzen, denn dann hat der Händler ja eine scheinbar fürstliche Gewinnspanne. Das Recherchieren wäre somit voll in die Hose gegangen, ein Verkauf käme so kaum zustande. Aber auch wenn er den Preis von MDM mit rund 20 Euro gefunden hätte wären 50% davon immer noch ein viel zu hoher Ansatz und auch hier kämen Verkäufer und Käufer kaum zusammen.
Um das Problem zu lösen müsste der potentielle Verkäufer das günstigste Angebot im Netz suchen und davon einen Abschlag subtrahieren. Der Aufwand wäre gigantisch, und es liegt auch in der Natur des Verkäufers, nicht nach dem allergünstigsten Angebot zu suchen, denn dieser möchte ja einen möglichst hohen Preis erzielen.
Es gibt dennoch eine praktikable Lösung, die sehr zuverlässig echte Marktpreise liefert. Und überraschenderweise ist diese Lösung in einem Bereich zu finden, welcher gleichzeitig oben das höchste Angebot lieferte. Die Antwort lautet Ebay! Die Auktionsplattform nach Angeboten zu durchsuchen, um Preise zu ermitteln sorgt meist für deutlich mehr Verwirrung als für Aufklärung. Es gibt dort aber eine Funktion, die es ermöglicht, beendete Angebote zu durchsuchen. Und das geht so:
Genau wie bei der Suche nach Angeboten geben wir wieder unseren Suchtext in die entsprechende Maske ein, in unserem Beispiel „5 DM Leibniz“ oder 5 DM Leibniz stempelglanz“. Hier erhalten wir zunächst wieder alle Angebote von gut bis böse. Danach klickt man oben rechts auf die erweiterte Suche, klickt „verkaufte Artikel“ an und schon findet man echte Marktpreise. Es werden nun alle entsprechenden verkauften Artikel der letzten 30 Tage angezeigt.
Die Preisspanne für unsere Münze liegt nun zwischen 4,65 Euro und 7,25 Euro. Damit liegen wir deutlich näher an den ganz am Anfang von mir ermittelten Marktpreisen, und mit diesen Preisen kann nun jeder arbeiten und kalkulieren.
Natürlich muss man sich diese Mühe nicht unbedingt machen. Alternativ kann man auch mehrere Händler besuchen und sich mehrere Angebote einholen.
