„Fehlprägungen“ – ein quälendes Thema

Jede Zeit hat Ihre Münzen und Briefmarken, die besonders gesucht werden. Ob dies der Fall ist aufgrund einer knappen Menge auf dem Markt oder aufgrund einer künstlich geschaffenen Knappheit spielt bei dieser Betrachtung keine Rolle.


Ende der 70er Jahren war z.B. die 50 Pfennig Heinemann aus dem Jahr 1971 in postfrischer Erhaltung extrem gesucht , und dies bei einer Auflage von über 1 Milliarde Exemplaren.

Später suchten Händler wie Sammler Flohmärkte nach dem Satz Fossilien aus dem Jahr 1978 ab, obwohl die Auflage mit über 8 Millionen Exemplaren gar nicht niedriger war als bei anderen Ausgaben dieser Zeit.


Anfang der 90´er wurde dann z.B. die Berliner Dauerserie Frauen gesucht. Hier gab es tatsächlich bedeutend weniger Material als postfrische Ausgaben.

Ein weiteres Phänomen stellte das Gebiet Europa-Union / CEPT dar. Hier kaufte das spanische Unternehmen Afinsa alles auf, was zu haben war und Sammlungen erzielten ein Vermögen.

All diese Briefmarken haben zwei Dinge gemein: Profitiert haben immer die Händler, und oft sprangen Sammler mit auf den Zug auf und wollten die plötzlich gefragten Werte unbedingt haben. Außerdem sind diese Ausgaben heute allesamt kaum mehr etwas wert. Als Sammler sollte man sich nicht auf jeden Trend stürzen, zumindest dann nicht, wenn man wertnachhaltig sammeln möchte.

Auch das Sammelgebiet Münzen hat immer Stücke, die zu einem bestimmten Zeitpunkt besonders gesucht sind, später dann jedoch kaum. Ein Sammler, der solch einen Trend vorausahnt kann sicher profitieren. Ein Sammler, der dann kauft, wenn die Nachfrage am höchsten ist, wird wohl oder übel in Sachen Werterhalt Schiffbruch erleiden.

Aktuell müssen sich Händler allerdings mit einem Thema befassen, mit dem Sie unter normalen Umständen keinen Cent verdienen können. Die potentiellen Verkäufer sind gleichzeitig zunächst völlig euphorisiert, um dann total enttäuscht zu werden. Die Rede ist von Fehlprägungen und sonstigen, sehr häufigen 2 Euro Gedenkmünzen.

Jeder Münzfachmann kennt das Thema aus dem Bekanntenkreis und von Anrufern, die gerne eine 2 Euro Münze für ein Vermögen verkaufen möchten. „Du kennst Dich doch mit Münzen aus. Ich habe eine 2 Euro Münze, die laut Internet total viel wert sein soll“. Diesen Satz habe ich schon oft gehört, und ohne zu übertreiben hatte ich sicher schon viele hundert Anrufe zu diesem Thema. Gleichzeitig hat in meinen mittlerweile über 30 Jahren als Berufsnumismatiker noch nie einer meiner Kunden Interesse an Fehlprägungen bekundet. Wir haben also ein gigantisches Angebot an vermeintlichen (dazu später mehr) Fehlprägungen und keinerlei Nachfrage. Man muss weder BWL noch VWL studiert haben, um zu erkennen, dass solch eine Angebots/Nachfragesituation niemals zu hohen Preisen führen kann. Alleine die Angebotsseite hat dies aber bisher nicht verstanden. Die Menschen sehen Münzen mit utopischen Phantasiepreisen, schauen ins Portemonnaie, finden die gleiche Münze und erhoffen (verständlicherweise) auf ein Vermögen.

Ein Blick in die Ebay Festpreisangebote lässt einen Händler gruseln. Hier einige Beispiele:

„2 Euro Münze 2002 Italien Dante Alighieri FEHLPRÄGUNG rare selten Rarität F“

Angeboten für schlappe 13.999 Euro. Der Anbieter schreibt dazu: „Die Münzsammler und Numismatiker wird die Münze schnell erkennen, deshalb führe ich diese in der Beschreibung nicht weiter aus.“. Damit hat er natürlich recht: Ein Numismatiker erkennt, dass es sich um eine ganz normale, sehr stark zirkulierte Münze handelt. In diesem ist sie nicht sammelwürdig, in perfektem Zustand wird ein Händler dafür maximal 4 Euro aufrufen (für einen Sammler ein Aufschlag von 100%, für einen Händler ein Verkauf, mit dem er für sich kaum den Mindestlohn erwirtschaften kann). Ein Laie kauft das Stück natürlich auch nicht, aber er schaut ins Portemonnaie, ob er gleiches dort entdeckt.

„2 euro münze erasmus programme Fehlprägung!“
Für 14.000 Euro. Der Verkäufer gibt hier nicht einmal einen Hinweis, worin er die Fehlprägung sieht.


„2 Euro Münze 2001 selten Liberte Egalite Fraternite“
Ein ganz normales 2 Euro Stück aus Frankreich für 13.950 Euro.



Machen Sie sich einmal den Spaß, und geben 2 Euro ins Ebay Suchfeld ein. Dann lassen Sie sich die Angebote von „höchster Preis“ abwärts sortieren. Sie werden sehen, dass das Angebot schier endlos ist.


Die Angebote haben alle eines gemeinsam: Es sind keine Fehlprägungen. Und selbst wenn es Fehlprägungen oder Verprägungen wären, die Preise wären nicht ansatzweise am Markt zu erzielen.
Man kann das besser nachvollziehen, wenn man sich verdeutlicht, was eine 2 Euro Ronde mit kompletter Randinschrift kostet. Eine Ronde, das ist quasi der Rohling der Münze, bei dem die komplette Prägung fehlt. Mithilfe der aber bereits vorhandenen Randinschrift sind diese Stücke teils dennoch zu identifizieren. Es handelt sich also um Stücke, die man wirklich selten findet und die eine schöne Besonderheit in jeder Sammlung darstellen. Gehandelt werden sie zumeist für 50 bis 60 Euro. Aber selbst „echte“ Fehlprägungen, zum Beispiel 2 Euro Münzen, die nicht aus Bi-Metall (die 2 Euro Stücke sind aus 2 verschiedenen Metallen geprägt, hier spricht man von Bi-Metall) sondern
durchgehend aus einem, erzielen bei weitem keine vierstelligen Beträge.

Als Faustregel gilt: Besser sind viele 2 Euro Gedenkmünzen der Zwergstaaten, Vatikan, San Marino und besonders Monaco. Die teuerste 2 Euro Münze des Vatikans liegt dabei bei unter 300 Euro. Die teuerste 2 Euro Münze Monacos liegt immerhin bei knapp 4.000 Euro. Sie stellt eine absolute Ausnahme dar und wurde im Jahr 2007 zu Ehren von Grace Kelly geprägt. Sie werden diese Münzen aber normalerweise niemals im Portemonnaie finden.

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